Eine Achterbahnsaison hat Andreas Estner aus Wall in der FIA Formel 3 erlebt. Beim Finale in Sotschi packte er aber nochmal sein ganzes Können aus.
Wall/Sotschi – Der Adrenalinrausch auf der Rennstrecke war Andreas Estner noch nicht genug. An seinem freien Nachmittag nach dem ersten Formel-3-Rennen in Sotschi (Russland) tauschte der 19-jährige Waller das Cockpit seines Boliden gegen die Sitze in den wilden Achterbahnen im benachbarten Vergnügungspark. Nicht nur des Spaßes wegen, sondern auch, um den Kopf freizubekommen. Denn selbst wenn es von außen nicht immer so aussieht: Rennfahren auf einem Niveau, wo es auf jede Zehntelsekunde ankommt, ist nicht zuletzt auch eine mentale Herausforderung.
Viele neue Eindrücke erwarteten Estner auch abseits der Rennstrecke an der russischen Schwarzmeerküste. Die kaum Englisch sprechende Bevölkerung, die für europäische Verhältnisse gewöhnungsbedürftige Küche und nicht zuletzt die kyrillische Schrift machten das Saisonfinale zum exotischsten Teil des Jahres. Ganz zu schweigen von der für Estner vollkommen unbekannten Strecke, deren 5,8 Kilometer er zuvor nur zuhause auf dem Simulator erkunden konnte.
FIA Formel 3: Andreas Estner überzeugt bei Saisonfinale in Sotschi
Nimmt man die Resultate der einzelnen Sessions, kann der 19-Jährige mit seinem Trip nach Russland aber durchaus zufrieden sein. Mit jeder Sitzung ging es ein Stückchen weiter nach vorne. Nach Platz 27 im Training stellte der Waller seinen Boliden des Schweizer Teams Jenzer Motorsport auf Startplatz 26. Rang 24 stand im ersten Rennen neben Estners Startnummer 16 auf der Anzeigetafel im Sochi Autodrom.
Die Achterbahnfahrten schienen dem Waller dann tatsächlich beflügelt zu haben. Am Sonntagvormittag packte er nochmals sein ganzes Talent aus und arbeitete sich mit starken Sektorzeiten immer weiter nach vorne. Als sich mit Leonardo Pulcini einer der Favoriten drehte und nach hinten zurückfiel, hing sich Estner in seinen Windschatten und hielt rundenlang den Anschluss. Im D-Zug ging es für den Waller dann bis auf Rang 18 nach vorne. Selbst David Schumacher, Sohn von Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher, ließ Estner zwei Plätze hinter sich.
„Immer noch nicht da, wo ich eigentlich sein wollte, aber ein versöhnlicher Abschluss der Saison“, kommentierte Estner seine Leistung in gewohnt selbstkritischer Manier. Sein vorerst letzter Auftritt mit seinem Team war das Rennen in Sotschi aber noch nicht. Mitte November wird er mit Jenzer Motorsport beim traditionsreichen Grand Prix von Macau an den Start gehen. Seit 1954 kämpfen Formel-, GT- und Tourenwagen sowie Motorräder um die begehrte Trophäe auf dem Stadtkurs in der chinesischen Sonderverwaltungszone rund 50 Kilometer westlich von Hongkong. Zur FIA-Meisterschaft zählt das Ergebnis zwar nicht mehr. Doch für Estner ist das Rennen eine weitere Chance, sich auf großer, internationaler Motorsportbühne zu zeigen und für weitere Aufgaben zu empfehlen.
Achterbahnfahren kann der Waller übrigens auch in Macau. Das zwar nicht in einem Vergnügungspark, dafür aber in einem Hotel- und Kasino-Komplex. Falls ihm das Adrenalin bei der Raserei durch die engen Häuserschluchten der Großstadt noch nicht genug ist.
Text: Sebastian Grauvogl
Miesbacher Merkur
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